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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 14.02.2005
Aktenzeichen: 2 L 75/04
Rechtsgebiete: LSA-BauO, LSA-VwVfG
Vorschriften:
LSA-BauO § 53 I | |
LSA-VwVfG § 48 I |
2. Die Erfüllung der Stellplatzpflicht ist an sich Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung; es kann aber gestattet werden, die Stellplätze in einer angemessenen Frist nachträglich herzustellen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS
Aktenz.: 2 L 75/04
Datum: 14.02.2005
Gründe:
Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 1 S. 1 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die als Zulassungsgrund allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist auf das Entscheidungsergebnis und nicht auf die einzelnen Begründungselemente bezogen. An der Zulassung der Berufung, die voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, kann kein schutzwürdiges Interesse bestehen. Am Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen keine Zweifel.
Die der Baugenehmigung vom 11.12.2002 beigefügten Stellplatzforderung nach § 53 (früher § 52 BauO a. F.) der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt - BauO LSA - (= Art. 1 des Gesetzes über die Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt und zur Änderung des Ingenieurgesetzes und des Vermessungs- und Katastergesetzes vom 23.06.1994 [LSA-GVBl., S. 723], geändert durch Gesetz vom 24.11.1995 [LSA-GVBl., S. 339], i. d. F. des Gesetzes zur Vereinfachung des Baurechts in Sachsen-Anhalt vom 09.02.2001 [LSA-GVBl., S. 50], zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.07.2004 [LSA-GVBl., S. 408) ist keine sog. modifizierende Auflage oder bloße Inhaltbestimmung des Hauptverwaltungsakts (dazu: Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kom., 7. Aufl., RdNrn. 35, 60), sondern, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, eine selbständig angreifbare Auflage, deren Aufhebung sich nach § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG des Verwaltungsverfahrensgesetzes i. d. F. d. Bek. v. 23.01.2003 (BGBl I 102) - VwVfG - i. V. m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA richtet.
Das Wesen der modifizierenden oder inhaltsbestimmenden Nebenbestimmung ist nämlich, dass sie nicht vollstreckt werden kann; ihre Erfüllung steht im Belieben des Adressaten, der die ihm erteilte Genehmigung nicht ausnutzen muss.
In derartiger Weise ist die Stellplatzforderung des § 53 BauO LSA nicht ausgestaltet. Die Erfüllung der Stellplatzpflicht gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA ist zwar Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung; denn nach dieser Vorschrift dürfen bauliche Anlagen, bei denen ein Zugangs- und Abgangsverkehr zu erwarten ist, nur errichtet werden, wenn Stellplätze in ausreichender Größe sowie in geeigneter Beschaffenheit hergestellt werden (Urt. d. Sen. v. 16.10.2003 - 2 L 523/02 -). Nach § 53 Abs. 1 S. 3 BauO LSA kann aber - wie hier geschehen - gestattet werden, dass die notwendigen Stellplätze innerhalb einer angemessenen Frist nach Fertigstellung der baulichen Anlage hergestellt werden können. Dies bedeutet, dass die begünstigende Wirkung der Baugenehmigung schon vor Erfüllung der Stellplatzforderung eintritt, das Bauvorhaben bei Genehmigungserteilung formell legal ist und deshalb nicht mehr beseitigt werden kann. Wäre in diesem Fall die Erfüllung der Stellplatzforderung freiwillig, liefe die gesetzliche Forderung leer. Zumindest in dieser Konstellation muss die Stellplatzforderung selbständig durchsetzbar und damit eine Auflage sein.
Ist die Feststellung der notwendigen Stellplätze von Anfang an rechtswidrig, kann die Bauaufsichtsbehörde die Nebenbestimmung aufheben und die Herstellung der fehlenden Plätze verlangen (vgl. Wiechert, in: Große-Suchsdorf/Schmaltz/Wiechert, Niedersächsische Bauordnung, Kom., 6.Aufl., § 47 RdNr. 13 zu einer vergleichbaren Rechtslage).
Die öffentlich-rechtliche Sicherung war für die Anwendung der 2. Alternative des § 53 Abs. 1 BauO LSA stets Tatbestandsvoraussetzung. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, war die Stellplatzforderung vom 11.12.2001 von Anfang an rechtswidrig.
Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die weiteren Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 VwVfG-LSA vorliegen, ist nicht zu beanstanden.
Maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung ist allein, ob die Behörde im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG-LSA zu treffenden Ermessensentscheidung alle wesentlichen für und gegen die Rücknahme sprechenden Gesichtspunkte, auch solche des Vertrauensschutzes, hinreichend berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - BVerwG 4 C 6.00 -, BVerwGE 112, 321 ff.).
Diesen Anforderungen genügt die Entscheidung des Beklagten. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt. Die von der Zulassungsschrift erhobenen Einwendungen vermögen dagegen keine ernstlichen Zweifel zu begründen. Sie beziehen sich auf den besonderen Vertrauensschutz des § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG, der, wie dargelegt, nur für die Rücknahme von begünstigenden Verwaltungsakten Bedeutung hat.
Ende der Entscheidung
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